Heini Luethy Kommunikation Logo
Ihr kompetenter Partner für die Realisierung von klassischen Kommunikationsmittel
KontaktSitemapHome
firma
Referenzen
links

Referenzen: Textproben zurück zur Liste


Entschlüsseln sie Ihren eigenen Dresscode

Warum eine rote Krawatte nicht die politische Präferenz sondern die Cheffunktion signalisiert, warum sich in der Kleidung die Frauen den Männern anpassen müssen oder warum es gut ist, dass der Casual Friday nicht mehr in Mode ist: Solche Fragen beantwortet Corinne Staub gern und kompetent. Noch lieber aber sagt sie einem, wie man sich für jede Situation korrekt kleidet und jederzeit kompetent auftritt. Sie ist Imageberaterin.

«Vestis virum reddit», sagte der römische Konsul und Rhetoriklehrer Quintilian schon vor zweitausend Jahren, später formulierte es der Dichter Gottfried Keller mit «Kleider machen Leute» auf Deutsch, so dass man eigentlich meinen müsste, die Erkenntnis sei heute Allgemeingut.

Wer aber auf der Strasse die lieben Zeitgenossen – und durchaus auch -genossinnen – beobachtet, fragt sich gelegentlich, ob das wirklich so ist. Oder sind die heute gültigen Dresscodes für die meisten Menschen zu kompliziert, wie es halt Codes so an sich haben?

Diese Dresscodes zu entschlüsseln und allgemein verständlich zu erklären ist der Job von Corinne Staub. Der Job? Nicht nur – sondern auch die Leidenschaft. Das ist schon nach wenigen Minuten offensichtlich, wenn sie den Journalisten stilgerecht im Atelier einer Massschneiderin im Zürcher Seefeld empfängt.

Frau Staub, als was bezeichnen Sie sich selber?

«Ich bezeichne mich als Imageberaterin, gelegentlich auch als Trainerin für Auftrittskompetenz, aber dieser Ausdruck ist zu kompliziert.»

Und was tun Sie genau?

«Ich bekomme viele Anfragen, wie man sich anlassgerecht kleidet. Meist heisst es dann etwa ‹Ich bin eingeladen zu einer Hochzeit oder zu sonst einem gediegenen Anlass, und auf der Einladung wird festliches Outfit verlangt, was heisst das›? Neulich hat sich sogar eine Firma bei mir gemeldet, die einen Event organisiert und in der Einladung diesen Ausdruck verwendet hat – und als dann die Mitarbeiter anfragten, was das bedeute, ist ihnen erst bewusst geworden, dass sie das selber nicht genau wissen.»

Leidenschaft: Sie erzählt weiter und landet fast übergangslos beim Casual Friday, der «zum Glück in den meisten Unternehmen wieder abgeschafft» wurde.

Warum zum Glück?

«Die meisten Männer ziehen sich businessmässig völlig korrekt und gut an, sind aber nicht in der Lage, ein Outfit zu kreieren, das zwischen Business- und Freizeitlook liegt. So kommen sie dann halt am Freitag in den verwaschenen Jeans, den ausgelatschten Timberlands und dem Shirt mit Werbeaufdruck ins Büro.»

Business-casual nennt sie den Stil, der für den Casual Friday angemessen wäre. Und aussehen tut der etwa so: Keine Krawatte, dreiteiliges Outfit, unten dunkel – oben hell, dezente Muster, keine nackten Füsse und Beine, und vor allem: sauber gebügelte, einwandfreie Bekleidung.

Nachzulesen und auch im Bild zu betrachten ist dieses Outfit im «Dressguide für sie und ihn», den Corinne Staub zusammen mit ihrer Berufskollegin Maria Schmutz-Wyder realisiert hat, einem Heft von hundert Seiten im Jelmoli- Katalog-Format, das eigentlich all jenen als Pflichtlektüre verschrieben werden müsste, die sich selber in der Öffentlichkeit präsentieren. Aus diesem stammen auch die hier abgebildeten Beispiele verschiedener Dresscodes. Dort erfährt der modisch Unbedarfte Fundamentales wie etwa dass dunkle Farben förmlich, autoritär und distanziert, helle hingegen freundlich und locker wirken, welches die zeitlosen Musterungen sind (zum Beispiel Fischgrat, Glencheck oder Pied-de-poule), aber auch wie man oder frau sich eine Grundgarderobe zusammenstellt. Und eben: wie man die Dresscodes für verschiedene Anlässe – zwangslos, halboffiziell, offiziell, feierlich – richtig interpretiert. Mit detaillierten Aufzählungen und Beschreibungen der einzelnen Teile, man kann durchaus mit dem Dressguide in den Laden spazieren und sagen: Das will ich kaufen.

Leidenschaft: Corinne Staub empfiehlt aber keineswegs nach Schema F. Und es würde ihr auch nie einfallen, jemandem einfach den Dressguide in die Hand zu drücken und ihn dann allein zu lassen. Wenn ein neuer Kunde zu ihr kommt, stellt sie sich und dem Kunden immer zuerst grundsätzliche Fragen: Was ist das für ein Mensch? Was ist das für eine Firma, in der er arbeitet? Was ist das für ein Anlass, zu dem er sich korrekt einkleiden will? Denn, so ihr Credo: Nur authentische Menschen haben ein wirkungsvolles Auftreten.

So ist es, erzählt sie, ein grosser Unterschied, ob sie einen Unternehmensberater oder einen Schreiner berät. Der Unternehmensberater muss seinen Kunden gewissermassen spiegeln, und der ist in der Regel ein Geschäftsmann. Ein Schreiner hingegen tritt meist jemandem im Überkleid entgegen.

Oder ein ganz konkretes Beispiel: Ein Banker lädt Kunden an die Tour de Suisse oder an einen Hockeymatch ein. Im dunklen Anzug fällt er dort auf, und das ist nicht nur für ihn, sondern auch für die anderen nicht besonders angenehm, damit schafft er Distanz statt Nähe zu den anderen Leuten, auch zum Kunden. Für diese Gelegenheit kann er also problemlos seinen braunen Cord- Anzug anziehen, der für seine übrigen Kundenkontakte absolut tabu ist.

Ihre Beratung kann dann auch mal weit über die Empfehlung für eine Farbe, ein Muster oder einen Stoff hinausgehen: «Ich habe einmal einen Kunden gehabt, der zu mir gesagt hat: ‹Ich mag keine Krawatten.› Ihm habe ich geraten, er solle den Beruf wechseln, denn ich bin der festen Ansicht, wenn man in einem Beruf, an einer Stelle arbeitet, wo Krawatte Pflicht ist, muss man sie mit Freude oder zumindest Überzeugung tragen.

Der Journalist wundert sich und fragt nach, wie der Kunde reagiert hat.

«Er hat mir geantwortet, daran hätte er auch schon gedacht.»

Leidenschaft: Irgendwann im Gespräch ist man dann ziemlich weit weg von konkreten Stil-Tipps. «Wissen Sie, was die Geschichte der Farbe Rot ist», fragt Corinne Staub? Hier die Unwissenheit zuzugeben ist keine Schande, also: Bitte, erklären Sie es mir.

«Rot war früher die teuerste Farbe für Kleidung, weil sie aufwändig und mühsam aus einem Drüsensekret der Purpurschnecken gewonnen werden musste. Deshalb war Rot die Farbe der kirchlichen und königlichen Gewänder. Diese Tradition hat sich bis heute in der roten Krawatte gehalten, wie sie oft von Politikern oder Managern getragen wird. Damit signalisiert man unbewusst: Ich bin der Chef.»

Oder dass Schwarz früher die Festtagsfarbe war: «Vor hundert, zweihundert Jahren hatte man nicht die heutigen Möglichkeiten, Kleidung sauber zu waschen. Und weil die Luft oft durch Kohlestaub und Russ verschmutzt war, wurden helle Kleider rasch schmutzig, schwarze hingegen sahen auch am Abend noch schwarz aus.»

Auch eher Überraschendes lernt der Journalist im Gespräch mit der Expertin: dass bei der Kleidung das Männer- Outfit den Ton angibt, das Damen-Outfit sich danach richtet. Das komme daher, dass die Dresscodes der Männer klarer definiert seien, die Damen mehr Gestaltungsmöglichkeiten hätten. Bedeute beispielsweise, wenn der Mann im Frack komme, müsse die Frau zwingend ein bodenlanges Kleid und geschlossene Schuhe tragen. Erscheine der Mann im Cut oder Smoking, würden für die Dame auch ein kurzes Kleid und offene Schuhe gehen.

Wie, Frau Staub, kommt man zu diesem Beruf? Klar, eine eigentliche Lehre oder Ausbildung gibt es nicht, und Stil- oder Imageberaterin ist keine geschützte Bezeichnung. Im Grund weiss der Journalist die Antwort in groben Zügen bereits, als er die Frage stellt: Irgendwie hineingerutscht, irgendwann gemerkt, dass dies die Berufung ist, dass man das gut kann, dass man hier eine Leiden schaft gefunden hat. Und richtig: kaufmännische Ausbildung gemacht, dann auf einer Personalabteilung gearbeitet, dann in den Sporthandel gewechselt und bei Nike zuerst als Kundenberaterin und später in einer leitenden Position im Verkauf und Verkaufstraining gearbeitet.

Und eben irgendwann erkannt, dass es ihr liegt, andere Leute zu überzeugen, ihnen etwas zu vermitteln: «Einmal hat mir jemand gesagt, ich könne auch über eine Toilettenbürste referieren, und man würde mir fasziniert zuhören. » Im Jahr 2000 dann der Entscheid, sich selbstständig zu machen. Zuerst wollte sie mit gestressten Managern einkaufen gehen, «weil ich selber erlebt hatte, wie wenig Zeit man in gewissen Berufen dafür hat». Einer der ersten, der sich als Kunde bei ihr vorstellte, flegelte sich in den Besucherstuhl und knetete demonstrativ seinen Kaugummi im Mund herum, «da wurde mir klar, dass zu einer richtigen Beratung auch das Vermitteln der richtigen Umgangsformen gehört.»

Mit verschiedenen Zusatzausbildungen erwarb sie sich in der Folge ein breites Wissen auf den Gebieten Stilfragen und Kommunikation. «Und sehr viel Know-how habe ich mir selber angelesen und angelernt; unter anderem habe ich auch begonnen, mich stark für die historischen Hintergründe zu interessieren.»

Das ist uns durchaus nicht entgangen, Frau Staub!

Aber kommen wir doch noch etwas vertiefter auf ihre tägliche Tägigkeit zu sprechen. «Meine Arbeit besteht zu 90 Prozent aus Seminaren und Referaten; die Kunden kommen aus allen Bereichen, von Installateuren über Architekten bis zu Private Bankern. Im Grund ist jeder, der in irgendeiner Form auftreten muss, potenziell ein Kunde.»

Aus diesen Seminaren ergeben sich dann oft Folgeaufträge für Beratungen von Privatpersonen. Von Leuten, die ein neues Image, ihr Auftreten verändern wollen. Das heisst, ihre Beratung beschränkt sich nicht auf die Zusammenstellung der Garderobe: «Mein Business ist die Schulung der Auftrittskompetenz. Das betrifft Kleidung, Körpersprache, Umgangsformen, all dies zusammen muss als harmonisches Paket daherkommen.»

Am Anfang jeder Beratung steht die Frage nach den Erwartungen des Kunden. Dann besuchte die Imageberaterin ihn idealerweise zu Hause, schaut mit ihm den Kleiderschrank an und «mistet aus». Anschliessend stellt man gemeinsam die Liste für die neue Garderobe zusammen und geht einkaufen. Ein solches Coaching dauert in der Regel ein paar Monate, aber es gab auch schon Aufträge, die sich über Jahre hingezogen haben.

Für ihre Beratungen versucht sie sich immer zuerst intensiv in die Situation einzufühlen: «Neulich hatte ich als Kundin eine Pfarrerin, die sich ein neues Image geben wollte. Da musste ich mir zuerst klar werden, wie so jemand wahrgenommen werden soll, und dafür bin ich in die Messe gegangen, um mich mit der Atmosphäre vertraut zu machen. Früher habe ich auch schon mal ein Seminar gegeben für Leute im Rollstuhl, dazu habe ich vorgängig während eines halben Tages eine Frau im Rollstuhl begleitet, um diese Situation kennen zu lernen.» Solche Aufgaben, sagt sie, sind für mich immer besonders spannende Herausforderungen.

Und jetzt, Corinne Staub, bitte noch ein paar ganz konkrete Tipps und Regeln.

Sie zählt auf, beginnt mit den Dos:

• Auf die Proportionen achten, den eigenen Körper optimal in Szene setzen. • Auf die Passform achten: Meist sind die Ärmel und Hosenbeine zu lang. Das erweckt den Eindruck, jemand würde die Hosen des grossen Bruders austragen.

• Lieber in Qualität als in Quantität investieren. «Ich beobachte ein «Ikea-Syndrom»: Da alles so billig ist, kauft man einfach mehr Stücke davon.»

• Wichtig ist, regelmässig den eigenen Schrank auf- und auszuräumen: Am besten jeweils dann, wenn man von Winter- auf Sommergarderobe umstellt und umgekehrt. Die Kleider anprobieren, aussortieren, das was zur Änderung muss, kommt auf einen Haufen, das was zur Reinigung muss auf einen anderen, das was man seit einem Jahr nicht mehr getragen hat, auf einen dritten zum Wegwerfen.

• Schuhe: Generell bessser auf die Schuhe achten. Keine alten ausgelatschten, keine ungeputzten Schuhe – am schlimmsten ist es, wenn jemand einen gerissenen Schuhbändel wieder zusammenknotet. Und grundsätzlich gilt: Je feiner der Anzug, desto feiner die Schuhe.

• Tragen Sie keine Kleider oder Schuhe an einem wichtigen Anlass zum ersten Mal, probieren sie sie erst zu Hause aus.

• Seien Sie sich bewusst, dass Sie mit Ihrer Kleidung und mit Ihrem ganzen Auftreten dem Anlass und dem Gegenüber Wertschätzung entgegenbringen – oder eben nicht.

• Vergessen Sie auch Ihren eigenen Körper nicht, achten Sie beispielsweise auf gepflegte Zähne.

• Und last but not least eine Faustregel: Vom Kleiderbudget sollte man 80 Prozent in Businesskleidung investieren, 15 Prozent in Freizeit- und 5 Prozent in Gala-Kleidung. Bälle und ähnliche Feierlichkeiten sind wieder mehr in Mode als früher.

Frau Staub, eigentlich hätten wir erwartet, dass Sie Dinge sagen wie: keine braunen Schuhe zum dunkelblauen Anzug oder: keine weissen Socken.

«Zuerst», antwortet sie, «kommt das Grundsätzliche. Farbe und modische Trends sind nur noch das Tüpfelchen auf dem i. Es geht mir nicht um Geschmack und schon gar nicht um meinen persönlichen. Den halte ich bei meinen Beratungen draussen.»

Was sagen Sie aber zum Beispiel dem, der am Casual Friday die alten Jeans und die ausgelatschten Timbis trägt? Da kommt man ja kaum darum herum, über Geschmack zu reden?

«Ihm sage ich, dass dieses Outfit den falschen Eindruck vermittelt. Den Eindruck, dass er auf der Strasse betteln will. Oder auch, dass er bei Frauen den Mutterinstinkt weckt.»

OK, begriffen. Dieser Hinweis auf den Mutterinstinkt dürfte eine sehr wirksame Drohung sein…

Und jetzt noch bitte ein paar Dont’s:

• Kurzarmhemd mit Krawatte geht nicht. Wenn keine Manschette unter dem Jackettärmel hervorschaut, sieht es nicht fertig angezogen aus. Langarmhemd ist seriös, Krawatte auch. Da passt ein Kurzarmhemd einfach nicht dazu. Und schliesslich: Bei Herren mittleren und fortgeschrittenen Alters betont das Kurzarmhemd den Bauch.

• Witzige Motive auf Krawatte und Socken. Der Eisbär Knut ist süss, aber gehört in den Zoo.

• Zu grosse oder zu kleine Kleidungsstücke.

• Plastikuhren oder Pulsuhren zum Anzug.

• Männerschmuck heisst Uhr, Ehering und allenfalls eine Krawattennadel – die dann aber bitte so weit unten festgeklemmt, dass man sie unter dem geschlossenen Veston nicht sieht. Sie ist nämlich dazu da, die Krawatte von der Tomatensuppe fernzuhalten. Und nicht dazu, zu zeigen, dass man sich eine leisten kann. Kein Goldkettchen, keine Ohrringe und -stecker. Ist nicht gerade businessmässig. • Unrasiert.

Besten Dank, Frau Staub.

Auf dem Rückweg ins Büro denkt der Journalist, dass er sich schon lange nicht mehr so underdressed vorgekommen ist. Und nimmt sich vor, am nächsten Wochenende seinen Kleiderschrank einer genauen Prüfung zu unterziehen.


erschienen in Cigar 3/2007

PDF
nach oben zurück zur Liste

Interner Link | Externer Link
© Copyright 2015 by Heini Lüthy, Zürich | Webdesign by update AG Zürich